Samstag, 7. April 2012

Auferstehung und Erlösung


Auferstehung und Erlösung

Es gibt Tage, an denen ich mich innerlich gefangen fühle. An denen es völlig gleichgültig ist, ob draußen die Sonne scheint oder ob es regnet. Besser noch Regen als Sonne, denn die könnte mich leichter aus der Gefangenschaft führen, sie könnte mich locken ins Leben zu treten. Obwohl ich mich gar nicht locken lassen will! Aber was will ich? Was soll dieses Gefühl in mir? Wozu ist es vorhanden und vor allem, wozu soll es gut sein? Die Liste der Fragen wäre jetzt leicht weiterzuführen, führte jedoch nicht wirklich zu einer Lösung.

Ja, was will ich eigentlich? Was will ich für mich an solchen Tagen? Diese Fragen stellen sich in diesen Momenten, wenn es uns gelingt, genau hin zu fühlen. Dass diese mir etwas sagen sollen und wollen, dass diese einen tieferen Sinn haben, stelle ich nicht in Frage. Diese Sicherheit ist spürbar. Und doch fehlt es an der notwendigen Klarheit – oder zumindest schiebe ich diesen Gedanken vor. Meist geschieht dies an Tagen, die frei sind, frei von Verpflichtungen und äußeren Anforderungen, die ansonsten der Alltag mit sich bringt. Tagen, die eigentlich zu genießen wären! Tage, die ich mir in stressigen Zeiten sehnsuchtsvoll herbei wünsche. Und dann sind sie da – und ich setze mich in den Käfig der Gefangenschaft, der sich wie tot anfühlt. Um mich herum werden dann all die Themen sichtbar, die „liegen geblieben“ sind. Die unaufgeräumte Küche von gestern, die unerledigten schriftlichen Sachen, die noch nicht gewaschene Wäsche, die zu bügelnde Wäsche im Keller und überhaupt der Keller. Der gehörte nun längst einmal aufgeräumt, aussortiert und entrümpelt….  Am Ende steht meist noch der Gedanke an die längst überfällige Steuererklärung.
Bei diesen Gedanken wird die Blockade in mir noch größer. Nichts aber auch gar nichts bewegt mich, irgendetwas davon tun zu wollen oder zu tun. Und dem Müssen will ich mich im Moment nicht unterwerfen. Das geschieht an vielen der anderen Tage. Auch dem Thema der fehlenden Selbstdisziplin versuche ich in diesem Moment nicht den Raum zu schenken, den es zu anderen Zeiten einnimmt. Nach längerem Gerangel mit diesen wiederkehrenden Gedankenmustern, gelange ich irgendwann an die Essenz des Ganzen.
In die Tiefe meiner Seele, die mir sagt, dass es absolut notwendig und unabdingbar sei, endlich mal anzuhalten, loszulassen, nichts zu tun, mich zu erlösen und einfach nur zu sein – für mich zu sein – und letztlich auch von der noch so dringenden Erledigung der Steuer – irgendwann werde ich diese schon in Angriff nehmen (mit der in dem Moment wachen Erfahrung des letzten Jahres, wenn sie erstmal begonnen ist, dann ist sie recht zügig erledigt und somit halb so schlimm). Loszulassen, mich zu erlösen, um mich in mir selbst zu suchen und möglicherweise auch zu finden. Mir den Raum zu schenken, und zwar nur für mich.

An den Stellen, die sonst im Alltag so häufig zu kurz kommen oder gar nicht gesehen werden. In der Tiefe der Seele liegt verborgen, was sich diese für unser Wesen wirklich wünscht, dort liegt das Potential verborgen, das geweckt werden will, um unser Leben zu bereichern. Es liegen tiefe Träume und Sehnsüchte verborgen, die uns zu uns selbst führen könnten. Die Erfüllung verheißen, wonach immer wieder die Sehnsucht in uns aufflackert, wir dieser jedoch nicht die Gelegenheit schenken deutlicher zu werden und wirklich sichtbar zu erscheinen.
Solche Tage sind dafür da, dass wir uns darauf einlassen dieser Sehnsucht zu folgen, die es uns ermöglicht uns selbst ein Stück näher zu kommen, uns kennenzulernen und das, was tief in uns schlummert, erwachen zu lassen – auferstehen zu lassen.
Die Widerstände die auftauchen sind dazu da, um überwunden zu werden und wenn wir genau hinschauen, liegen hinter diesen Widerständen Gedanken und Worte, die uns Ablenkung und Ausreden liefern, nicht in die sehnlichste erwünschte Veränderung zu gehen. Die Angst davor, aufzustehen, Erlösung zu finden und Klarheit zu schaffen. Ausreden, die unser eigener Geist erfindet, um uns abzuhalten in die eigene Erfüllung zu kommen. Wie widersprüchlich diese Worte im ersten Moment scheinen und doch liegt bei näherem Betrachten genau darin die Lösung.
Sind wir in der Lage diese Gedanken und Widerstände als das zu erkennen und zu überwinden, macht sich ein weites Feld vor uns auf. Ein Feld, welches darauf wartet von uns bestellt zu werden. Samen auszubringen, die schon lange in uns schlummern und gesät werden wollen, in all ihrer Kreativität und Besonderheit, die jeden Menschen ausmachen in seiner ihm eigenen Individualität.

Wenn wir nun das Thema „Auferstehung“ als Begriff nehmen und uns vorstellen, dass wir es sein können, die uns aus diesem - meist selbst gewählten Gefängnis befreien, weil der Schlüssel und Türgriff „innen“ liegt, dann liegt die Vorstellung nahe, wie es sich anfühlt, wenn wir uns von all den Themen erlösen, die längst darauf warten, von uns losgelassen bzw. bearbeitet zu werden.

Immer wieder wagen wir einen vorsichtigen, scheuen Blick durch die einen kleinen Spalt geöffnete Tür, um dann erschreckt zurückzuweichen und doch nochmal zurückzutreten. Diesen Vorgang wiederholen wir – wie oft – dass kann nur Jeder für sich selbst beantworten.

Ich wünsche Dir von Herzen den Mut Dich mit diesem Thema der eigenen „Auferstehung und Erlösung“ zu konfrontieren. Dir die Zeit dafür zu nehmen, die Du brauchst. Daran innerlich zu arbeiten und mehr und mehr ein Bild von dem Leben zu erschaffen, das Du leben willst. Was alles dazugehört kannst Du in Dir fühlen, wenn Du achtsam auf die Stimme in Deinem Inneren hörst und ihr immer wieder Raum schenkst.

Hab Vertrauen und steh auf, für Dein Leben, für Dein Sein in diesem Leben.

Überwinde die Angst, steh auf und finde Erlösung. Hinter Deiner größten Angst liegt Deine größte Stärke!

Freitag, 6. April 2012

Stirb und werde



Stirb und werde

Karfreitag der Tag, an dem sich der Tod im  Bewusstsein aufdrängt.
Der Tag, an welchem wir den Tod zuzulassen gelernt haben.
Der Tag, an welchem Jesus ans Kreuz gehangen und gestorben ist.
Der Tag, an welchem das Leben aufgrund dieser Bilder und Worte stillzustehen scheint.
Der Tag, an welchem keine freudigen Veranstaltungen stattfinden sollen. Der Tag, an dem der Tod Raum einnimmt.
An diesem Tag sind viele Menschen bereit, sich dem Thema Tod hinzugeben und sich damit auseinander zu setzen.

Heute ist mir bewusst, der Tod begleitet Jeden von uns zu jeder Zeit unseres Lebens. Im Augenblick unserer Geburt erscheint der Tod an unserer Seite. Ab diesem Moment ist der Tod unser ständiger Begleiter, ob bewusst oder im Versuch der Verdrängung. Wann und in welcher Form er uns im Leben begegnet, entscheiden nicht wir. Der Tod symbolisiert machtvoll, dass er es ist, worauf wir im Leben keinen Einfluß haben und ist sicherlich aus diesem Grund das Thema, vor welchem wir in der Tiefe unseres Seins die allergrößte Angst, regelrechte Todesangst entwickeln.

Heute ist mir bewusst, dass Menschen, die in tiefen Depressionen stecken und von welchen wir fälschlicherweise annehmen, sie hätten mit dem Leben abgeschlossen, tief in sich eine große Sehnsucht an ungelebten Lebensträumen tragen, von welchen sie nicht wissen, wie sie diese in ihrem Leben verwirklichen könnten. Diese Menschen - hört man die Geschichte ihres Lebens - sind oft in die Depression gefallen, weil sie nicht mit dem Leben, welches sie Tag für Tag verbrachten, verbunden waren, welches sie aus ihrem tiefsten Herzen heraus leben wollten und sich nicht imstande sahen, diesen Weg in ein anderes Leben zu gehen. Menschen, denen im Moment der Mut fehlt, Menschen die bislang keine Gelegenheit sehen, Teile ihrer Sehnsucht im Leben umzusetzen und sich so ein höheres Maß an eigenem Wert zu schenken. Aus der Angst heraus, dass es nur den Weg in den Tod gibt und ein anderes Leben für sie nicht denkbar scheint. Und so kann der Zustand der Depression zum Tod mitten im Leben werden – mit schlagendem Herzen und fließendem Atem fühlt sich das Leben an wie tot.
Heute ist mir bewusst, dass die Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass der Tod uns zu jeder Zeit begleitet, gleichzeitig eine große Chance mit sich bringt, im Leben seinen tatsächlichen Wert zu erkennen.
Nämlich das Leben als wundervolles, großartiges Geschenk in tiefer Dankbarkeit zu betrachten, mit all seinen Gelegenheiten und Möglichkeiten, die es uns während unserer Lebenszeit bietet. Erst im Angesicht des Todes wird uns die Einzigartigkeit dieses Geschenks an jeden Einzelnen von uns bewusst. Mit jedem neu erwachenden Tag, neu die Gelegenheit zu bekommen, zu beginnen, neu zu gestalten, neu zu werden, was auch immer an Impulsen in uns herangereift ist. Nachdem die Nacht, welche den Tod des vorhergehenden Tages versinnbildlicht, vorüber ist und uns mit dem neuen Tag neue Lebendigkeit schenkt.
Der Tod ist die Gelegenheit zum Wandel. Jesus ist wieder auferstanden.
Wie oft geschieht es, dass wir in Teilen unseres Selbst aufgefordert sind uns zu verändern.

Wie oft lassen wir alte Gewohnheiten los, um Neues im Leben willkommen zu heißen. – Stirb und Werde -.
Wie oft aber halten wir fest an längst Überholtem, Altem, der Vergangenheit und weigern uns innerlich, diesen Prozess anzunehmen. Obwohl wir genau spüren, dass es not-wendig wäre.
Wie oft haben wir dabei das Gefühl, das Leben zieht an uns vorbei. In solchen Momenten fühlen wir uns wie gestorben. Wir verweigern uns dem natürlichen Lauf des Lebens. Loslassen und neu werden.
Stirb und werde -.
Letztlich zeigt uns der eigene Körper diesen Prozess. Täglich sterben Abertausende, Millionen von Zellen in unserem Körper und neue entstehen. Ohne unser Zutun, unbemerkt erschafft sich unser Körper im Verlauf weniger Jahre neu. In diesen Prozeß dürfen wir Vertrauen haben. Einen wesentlichen Beitrag können wir leisten, indem uns bewusst wird, dass wir durch unsere Gedanken positiven Einfluß auf die sich neu erschaffende Struktur unseres Körpers erreichen. Mit jedem positiven Gedanken in der Gegenwart legen wir ein Saatkorn für die Zukunft.
Wenn wir uns öffnen für diesen Prozess des Wandels, begeben wir uns in den natürlichen Prozeß des Loslassens und der gleichzeitigen Hingabe an die Erneuerung durch das Leben. Diesem Wandel sind wir unser gesamtes Leben ausgesetzt und es liegt an uns, wieweit wir dies erkennen und zulassen.
Alles verändert sich – in jedem Moment. Nichts bleibt wie es ist.

Angst vor dem Tod ist Angst vor dem Wandel.
Angst davor, der zu werden, der Du sein möchtest. Denn, so wie Du denkst, so bist Du und wirst Du sein. So sehen Dich die Anderen, so nehmen Dich die Anderen wahr.
Dabei schenkt dir jeder Wandel die Gelegenheit, Dich mehr und mehr zu entwickeln, Dich zu erneuern, zu dem zu werden, der DU bist.
Im Angesicht des Wissens um den Tod zu erkennen, dass einzig die Liebe an das Leben die Angst vor dem Wandel besiegen kann, ist die Erkenntnis, welche den bewussten Prozess von – Stirb und werde – in Gang setzt.

- Die Liebe ist die stärkste Kraft in unser aller Leben.

- Allein die Liebe überwindet Angst.

- Ein Leben in Liebe nimmt die Angst vor dem Tod.

- Im Bewusstsein des Todes  - entscheide Dich für die Liebe zum Leben.

- Entscheide Dich für die Liebe zu Dir selbst und LEBE.

- Nutze jeden fühlbaren Prozeß zum Wandel und WERDE.

- Lass sterben, was sein Leben gehabt hat.

- Hab Vertrauen in den Wandel des Lebens.

Stirb und Werde



Mittwoch, 4. April 2012

Die Sehnsucht nach Freiheit



Die Sehnsucht nach Freiheit

Schon lange ist der Impuls in mir, über dieses Thema zu schreiben. Als mir heute Nachmittag das oben eingestellte Foto in die Hände kam, war es wieder präsent, das Thema „Freiheit“. Ich weiß noch, wie mich der Anblick dieser Skulptur berührte als ich sie das erste Mal bei der Besichtigung des Kunstgeländes „Mariposa“ auf Teneriffa sah. Damals fühlte ich mich genau so. So als hätte ich diese beiden Schuhe an meinen Füßen. Beim Anblick dieses Kunstwerks wurde mir damals bewusst, welcher Kampf in mir tobte.
Ein Teil in mir fühlte den Schuh mit dem Flügel. Die Sehnsucht nach Freiheit, nach Losgehen und Wegfliegen, nach Leichtigkeit und neuen Schritten, neuer Bewegung in ein neues Leben.
Der andere Teil fühlte sich gelähmt, scheinbar festgebunden, angekettet,  als hätte er eine Eisenkugel am Bein, die ihn festhielt. Unfähig weiterzugehen oder gar eigene Schritte der Loslösung, der Veränderung zu gehen. Der Radius der Freiheit schien auf die Länge der Kette begrenzt zu sein. Zumindest fühlte es sich so an.
Kein Bildnis konnte bis dahin dieses Gefühl besser ausdrücken als diese beiden Schuhe.
Wenn ich das Bild heute betrachte, spüre ich immer noch die Ergriffenheit und den tiefen Schmerz von damals. Gleichzeitig kann ich heute das Gefühl von Leichtigkeit und Freude am Leben deutlich spüren und damit verbinden, dass ich damals den Schritt gewagt habe. Ich bin gegangen, habe mich von den Ketten befreit.
Nein, ich war nicht wirklich angekettet, niemand außer mir selbst war für diese Ketten verantwortlich.
Das weiß ich heute. Kein Mensch ist durch einen anderen oder durch eine Situation wirklich angekettet. Immer haben wir die Freiheit uns loszumachen. Allerdings ist dieses Losmachen verbunden mit einer Konsequenz, der ich bereit sein muss, mich zu stellen. Es sind die eigenen Ketten, die ich mir ans Bein gelegt hatte und die letztlich nur ich selbst ablegen konnte. Denn außer mir hatte niemand den Schlüssel bzw. die Verantwortung dafür. Das allerdings war etwas, das ich erst viel später erkannte.

Die Ketten bestanden aus starken Gliedern, die da hießen: Harmoniebedürfnis, Sicherheit, Gehorsam, Angepasstheit, Bild einer heilen Welt und heilen Familie, Erwartungshaltung der Anderen, Angst vor einem anderen Leben, Angst, Grenzen zu sprengen, Angst vor Zerstörung, Angst vor Verlust, Angst vor dem Fallen, Angst vor Veränderung, Angst vor dem Loslassen, Angst vor Verletzung, Angst nicht bestehen zu können, Angst, Angst, Angst… vielleicht ganz tief im Inneren sogar der Angst vor der Freiheit.
Also saßen die Ketten ziemlich fest an meinem Bein und letztlich gaben sie mir auch Halt. Ich wusste genau, was ich zu tun hatte damit ich diese Macht noch nährte. Ich war sie gewohnt und hatte mich daran gewöhnt. Dass ich dabei alles andere als mein Leben lebte, schien lange Zeit wenig Rolle zu spielen, wäre nicht immer wieder diese tiefe Sehnsucht in mir wach geworden.
Lange Zeit machte ich Vieles andere verantwortlich dafür, warum ich nicht wirklich zufrieden und glücklich in meinem Leben war. Ich ließ mich beherrschen von den Aussagen der Anderen, von der scheinbaren Abhängigkeit unserer materiellen Welt, von der Geprägtheit eines Gesellschaftsbildes, dass Man so zu leben hat und zufrieden sein sollte. Ich hatte doch alles… und doch ging es mir nicht gut.
Der Flügel am anderen Teil, am anderen Fuß, war wohl schon lange da. Zaghaft zeigte er sich immer wieder mit einem vorsichtigen Versuch seinen Flügel auszubreiten. Allerdings interessierte dieser Flügel kaum jemanden in meinem Leben, also war auch ich diejenige die ihn immer wieder verdrängte. Schließlich war es wichtig für die Anderen zu funktionieren und deren Bedürfnisse zu erfüllen. Das war das Gewohnte, das was ein Gefühl von Sicherheit vermittelte, das was mich im Leben trug. Und so wurde der Flügel, sobald er versuchte zu wachsen und sich ausbreiten wollte, gestutzt und zurück geschnitten bis er wieder ins Bild passte. Meist war ich es selbst, die diese Schnitte ausführte. Die Sehnsucht nach Freiheit allerdings hatte zwischenzeitlich ihre eigene Kraft entwickelt. Nachdem ich sie einmal in mir wahrgenommen hatte, verschwand sie nie mehr. Nein, sie wuchs, wuchs heran, bis der Flügel eines Tages so stark war und ich den Mut fasste, den Schritt in ein anderes Leben zu wagen.

Seitdem weiß ich wie wichtig es für die Verwirklichung des eigenen Wesens ist, die Kraft aufzubringen, den Mut zu finden und diesem Ruf zu folgen. Wenn die Seele schreit und nach Veränderung ruft ist es Zeit, die Flügel auszubreiten und zu fliegen bzw. den anstehenden Schritt zu gehen. Gleichzeitig möchte ich dabei nicht verschweigen, wieviel Schmerz es bereiten kann, wieviel Tränen fließen und wieviel Unsicherheit hervor gerufen wird, bis die Flügel ihre Kraft finden, in Freiheit zu fliegen und wieder Fuß zu fassen in einem anderen Leben.
Im Laufe der Jahre durfte ich immer wieder Menschen auf ihrem Weg begleiten. Menschen, die einer Sehnsucht in sich folgten und den Mut aufbrachten, diesen Weg zu gehen. Für das Geschenk, diese Prozesse begleiten zu dürfen, empfinde ich tiefe Dankbarkeit und Demut in meinem Herzen.

Einer der Gründe, warum wir uns scheuen diesen Schritt zu gehen liegt darin, dass wir uns auf vergangene Erfahrungen berufen. Dass wir in unsere Lebenskiste greifen und scheinbare Fehlschläge heranziehen die uns abhalten, weil sie uns einen scheinbar schwierigen bzw. steinigen Weg vorzeichnen. Dabei vergessen wir, dass Leben eine Bewegung nach vorn ist. Jeder neue Tag ist für uns da, um ihn zu nutzen. Er steht zur Verfügung neue Erfahrungen zu sammeln, aus den Fehlschlägen der Vergangenheit zu lernen und Veränderungen ins Leben zu bringen, um weiter zu kommen, um zu wachsen und einen mutigen Schritt unseres Lebenswegs zu gehen. Wenn wir das Gefühl haben, die Welt schränke uns ein, dann sind wir es selbst, die uns die Ketten anlegen. Es ist die Angst vor der Veränderung im Leben, die uns abhält den Mut zu finden und neue Schritte ins Leben zu gehen. Dabei kennt jede Sehnsucht, die unsere Seele hervorbringt ihr Ziel, auch wenn dieses Ziel momentan noch nicht mit dem Verstand zu greifen ist. Wir sollten Vertrauen finden in die Sprache unserer Seele und dieser Sehnsucht Raum schenken, um uns aufzumachen….

… in ein Leben in Freiheit!

Die Natur erwacht...


Die Natur erwacht…

Diesen wundervollen Tag heute konnte und wollte ich nur nutzen, um in den Garten zu gehen und dort zu arbeiten. Wobei dieser Begriff für mich gar nicht stimmig erscheint. Für mich bedeutet Gartenarbeit, mich zu regenerieren, zu erden, zu sammeln und mich mit der Erde als Ursprung des Lebens zu verbinden. Es war leicht, alles andere zur Seite zu schieben und dieser Tätigkeit den Vorrang zu schenken. Das noch verbliebene Laub des Herbstes aus den Beeten zu räumen, am liebsten  mit bloßen Händen, die Sträucher und Rosen zurück zu schneiden, und dabei wahrzunehmen wieviel Kraft und Energie des Wachstums schon vorhanden ist. Zu sehen wie die Knospen schon prall gefüllt sind und nur darauf warten, noch ein paar Tage warme Temperaturen abzuwarten, damit sie dann beginnen können sich zu entfalten. Der kalte Winter hat seine Spuren hinterlassen: einige der Rosen haben gelitten, die Hortensien musste ich stark zurückschneiden, die Efeublätter sind stark in Mitleidenschaft gezogen – mal sehen, ob es sich in seiner Substanz nochmal erholen wird. Gleichzeitig krabbeln schon die ersten Käfer über die Erde, so viele Marienkäfer krabbelten unter den welken Blättern ans Licht. Unser Hund war vor ein paar Tagen (es gab nachts noch Minusgrade) schon wieder Anlaufstelle für die erste Zecke (wobei ich darauf gut verzichten könnte).

Es gibt für mich kaum ein größeres Geschenk, als im Rhythmus der Natur die Jahreszeiten auf diesem kleinen Stückchen Erde begleiten zu dürfen. Jedes Mal bei der Gartenarbeit fühle ich mich eng mit der Natur verbunden, fühle mich im Einklang mit all dem was mich umgibt und gleichzeitig als Teil dieses großen Ganzen. Als ich, beim Laub aus den Beeten räumen, das Bild der sich nach der Sonne reckenden Schlüsselblume, das leere Schneckenhaus und den kleinen krabbelnden Marienkäfer sah, fühlte ich tiefe Berührtheit. Wieviel Leben und gleichzeitig Sterben dieses Bild vereint!
Mit wieviel Kraft die Natur Jahr für Jahr im Frühling erwacht. Wie sie sich entfaltet, grünt und blüht, wächst und gedeiht – in dem Wissen, dass nach dem Sommer und dem Herbst, der Winter folgt und ALLES wieder hinweg nimmt. Sie zum Rückzug zwingt, die Kälte ihren zusätzlichen Beitrag leistet, und das was noch versucht zu bleiben erfriert. Jahr für Jahr! Der Rhythmus des Lebens. Geboren werden, wachsen, gedeihen und blühen, ernten, welken, sich zurückziehen und sterben!
Ich stelle mir vor, die Natur entscheidet irgendwann, keinen Sinn mehr in diesem Aufwand zu sehen und „keine Lust“ mehr zu haben, (wie es uns Menschen manchmal geht) diesen Prozess in Gang zu setzen. Sie könnte sich fragen: Wofür das Alles?
Ich hoffe, sie kommt niemals auf diesen Gedanken!
Wie trostlos, wie schrecklich die Vorstellung, es wird Frühling und die Natur hat sich gegen das Wachstum entschieden!

Nun war meine Intention für diese Zeilen nicht allein, über meine starke Verbindung zur Mutter Erde, meinen Garten und den Pflanzen zu schreiben. Es geht mir darum, ins Bewusstsein zu rufen, wie viel uns mit der Erde verbindet. Auch wir sind Teil dieser Erde, Teil dieses gesamten Universums. Wir leben im Rhythmus der Jahreszeiten, im Rhythmus der Natur, auch wenn dieses Bewusstsein bei manchen Menschen viel zu sehr in den Hintergrund gerückt zu sein scheint. Die irgendwie in dem Gefühl leben, sie hätten mit der Erde im tieferen Sinne nichts zu tun.
Auch wir Menschen spüren, wie uns solche Tage wie heute aufwachen lassen. Wie auf einmal ein Schub frischer Energie in uns erwacht, wie wir gute Laune fühlen allein schon, wenn wir wahrnehmen, dass die Sonne scheint und unsere Haut erwärmt. Ich empfinde es überaus wertvoll, dass wir uns immer wieder in diesem Bewusstsein bewegen, wahrnehmen was uns alles umgibt und zu fühlen, wie wir mit all dem verbunden sind. Ein Rausch für unsere Sinne, wenn wir dies bewusst erfahren.
Im übertragenden Sinne tragen wir diesen Rhythmus auch in uns. Immer wieder in unserem Leben sind wir angehalten darauf zu achten, was an Gedanken und Impulsen in uns auftaucht. Was sie uns sagen möchten, wozu sie uns auffordern. Was davon will und kann umgesetzt werden, was davon möchte Gestalt in unserem Leben einnehmen. Vergleichen wir die Gedanken und Impulse mit Samenkörnern, die in uns angelegt sind und nur darauf warten, dass wir uns entscheiden, sie wahrzunehmen, sie zu kultivieren, zu gießen, zu nähren, zu hegen und zu pflegen, um in diesem Prozeß etwas in uns Angelegtes zum Erwachen zu führen und dadurch unser Leben neu zu bereichern. Oftmals darf ich an mir selbst und an Anderen diese Prozesse wahrnehmen und begleiten. Es gibt nichts Wundervolleres, als einen solchen Entwicklungsprozess wirklich bewusst anzuschauen, zu begleiten und dabei zu sehen, wie so Vieles im Leben eines einzelnen Menschen erwachen und entstehen kann.
Leider finden viel zu wenige dieser Prozesse im Menschen wirklich in dieser Bewusstheit statt. Viele von uns sind Meister darin, sich zwar ständig in diesen Prozessen zu bewegen, die dann wie folgt ablaufen: Das Samenkorn zeigt sich. Es zeigt sich wieder und wieder, wird immer wieder unbeachtet in den Hintergrund gedrängt und missachtet. Hat eines davon so viel Kraft, dass es hartnäckig bleibt, so gelingt es ihm unter Umständen ein kleines Fleckchen brauchbaren Boden zu finden. Dieses läßt sich ganz schnell hineinfallen, um ja nicht in Gefahr zu geraten wieder weggefegt zu werden. Es liegt nun im Boden, bedeckt und geschützt. Nach kurzer Zeit beginnt es zu keimen. Das aufstrebende Grün drängt sich durch die Erde ans Licht. Der Gedanke verstärkt sich und nimmt mehr und mehr Raum ein. Und wie reagieren wir? Unser erster Impuls ist: Schon wieder dieser Gedanke! Laß mir meine Ruhe? Im wahrsten Sinne des Wortes und bildlich betrachtet, treten wir mit unseren Füßen fest auf das kleine Pflänzchen, welches gerade begonnen hat sich sowohl im Licht als auch unter der Erde zu entwickeln und zerstören es.
Ein kurzer Blick in die Natur:
Gut, dass die Natur ohne „Ego“ ausgestattet ist.
Gut, dass niemand bestimmen kann, was wann und wo geschieht.
Gut, dass sie mit diesem Rhythmus verbunden bleibt und sich ihm hingibt.

Welche Kraft, welche Vielfalt, welchen Reichtum an Lebendigkeit wären wir Menschen in der Lage diesem Leben auf dieser Erde zu schenken, wenn wir uns dies öfter bewusst machen. Wieviel Gutes könnten wir schaffen – für uns selbst und für andere. Wieviel Zufriedenheit könnte unter den Menschen herrschen – statt Unzufriedenheit, Kampf und Neid. Ich möchte Euch anregen darüber nachzudenken und immer wieder ganz bewusst in Euch hinein zu horchen. Zu fühlen, wahrzunehmen und ganz achtsam mit all dem umzugehen, was an Gedanken und Impulsen in Euch lebt!

Seien wir uns bewusst, dass wir es sind, die von der Erde leben – nicht die Erde von uns.
Seien wir uns bewusst, dass wir Aufgaben haben in diesem Leben, die es zu erfüllen gilt.
Seien wir uns bewusst, dass wir unsere eigene Zufriedenheit finden, wenn wir unserer inneren Stimme folgen und das umsetzen und tun, was in uns erwacht!
Das macht uns zu dem Menschen, der sich vollständig mit diesem Leben verbunden fühlt und spürt, dass dies vielleicht seine wichtigste Aufgabe in diesem Leben ist.

Nehmen wir uns die Natur als Beispiel!