Anpassung
gehört zu unserem Leben.
Ohne Anpassung wäre es in vielen Situationen unmöglich, in sozialen Kontakten
und Konstellationen zu leben und darüber hinaus Erfahrungen zu sammeln, die für
uns selbst wertvolle Lebenserkenntnisse beinhalten können.
Schon in unserer Kindheit,
beginnt dieser Begriff Raum einzunehmen. Als Kind werden wir häufig
aufgefordert: Mach dies, tu das, sei so… und nicht so… Das tut man nicht…. das
geht so… Mit gestrecktem Hals blicken wir in die Gesichter der Erwachsenen und
denken…, die müssen es ja wissen. Schließlich sind sie schon „alt“ und haben
Erfahrung. Gleichzeitig bietet uns diese Anleitung eine Richtungsweisung für
unser Überleben, unser Dasein, setzt uns zwar Grenzen, innerhalb derer wir
jedoch eine gewisse Freiheit wahrnehmen.
Die Wahrnehmung die wir
selbst in uns spüren, kann durchaus eine ganz andere sein. Zu diesem Zeitpunkt
spielt sie selten eine Rolle. Der Zeitpunkt im Leben ist zu früh. Wir selbst
sind mit unserer Wahrnehmung so nach „Außen“ gerichtet und suchen Orientierung
und Anleitung, dass unsere eigene innere Wahrnehmung wenig Raum einnimmt. Die
Gefühle dazu nehmen wir allerdings durchaus wahr. Sie äußern sich häufig in
Form von Widerstand, Wut, Aggression und Unwohlsein. Denkt an ein Kind im
Trotzalter, das einen Wunsch abgeschlagen bekommt… Erst viel später… bekommen
diese Gefühle eine Chance, bewusst wahrgenommen
und vor allem ernst genommen zu werden. Allerdings nur dann, wenn sie
der Mensch als diese erkennt und versteht.
Wie ich zu diesem Thema
kam: Der letzte Impuls wurde tatsächlich durch das oben eingestellte Foto freigesetzt.
Wie sich die Natur doch
anpasst. Das Foto entstand auf einer unserer Wanderwochen auf Teneriffa. Der
Baum bildet einen Torbogen über den Wanderweg und passt sich an seinem Standort
den häufigen und mächtigen Winden zu bestimmten Jahreszeiten an, die den Berg
hinauf fegen und ihm so die Form gegeben, sie ihm regelrecht aufgezwungen haben.
Er hat Stand gehalten, er passte sich in seiner Form an und nimmt die Umstände
– an welchen er nichts zu ändern vermag – hin. Das ist sein Dasein.
Gleichzeitig erinnere ich
mich an einen Ausflug mit einem Bergbauern in den Wäldern um Bad Tölz. Er
führte uns auf dem Weg vorbei an einer Fichte, vielleicht 80 cm hoch. Durch
seine Naturverbundenheit, lenkte der Bauer unsere Aufmerksamkeit auf den Baum,
die vielen, vielen Jahresringe an Zweigen zu betrachten. Dieser kleine Baum
hatte über 60 Jahre „Lebenszeit“ hinter sich. Die Umstände, wie Witterung, der Standort,
der Boden führten dazu, dass dieser Baum, trotz der vielen Jahre, so wie er war
vor uns stand. Stellen wir uns vor, wie groß und stattlich manch ein Nadelbaum
im Wald steht, dessen Umstände optimal für ihn sind. Letztlich nicht halb so
alt, dafür vielfach größer, erkennen wir, dass dieser Baum sich unter diesen
Bedingungen entfalten kann. Letztlich hat die kleine Fichte überlebt, indem sie
sich den Umständen hingegeben und angepasst hat. Sie hatte keine Wahl…
Noch ein letztes Beispiel
aus der Natur zu diesem Thema: Vor ein paar Jahren bat ich eine Nachbarin um
einen Ausläufer einer wundervoll duftenden Rose, welche sich vor deren Haus stark
ausgebreitet hatte. Ich fand einen Ableger vor, der vielleicht 10 cm hoch war
und Platz in meinem Blumenbeet fand. Ein Stück Beet mit Stauden bestückt und
von der Sonne beschienen und verwöhnt. Über drei Jahre bildete dieses kleine
Rosenpflänzchen jeweils eine Knospe, blühte,
verblühte, überwinterte – bis im nächsten Jahr die gleiche Prozedur einsetzte.
Da die Pflanzen in meinem Garten die Gabe besitzen,
mit mir zu sprechen und ich mich gleichfalls in der glücklichen Lage befinde,
diese Sprache zu verstehen, bzw. den Stimmen zu lauschen, vernahm ich eines
Tages die Hilferufe des Rosenpflänzchens, es bitte an einen anderen Ort zu
setzen. Gesagt, getan. Vor dem
Haus war ein Platz frei geworden. Von einem großen Strauch, der für diese
Stelle viel zu viel Raum einnahm, hatte ich mich getrennt. Frei wurde ein
Fleckchen Erde, genau richtig für die kleine Rose. Im März vergangenen Jahres
pflanzte ich sie dort ein. Kaum Fuß gefass,t entwickelte sie sich in einer
Weise, dass ich das Gefühl hatte, ihr beim Wachsen zusehen zu können. Die
Blüten, mit welchen ich im vergangenen Jahr beschenkt wurde, habe ich nicht
gezählt. Ich weiß nur noch, dass es viele waren. Auch den diesjährigen kalten
Winter überstand dieser Rosenstock unbeschadet. Und wiederum wurde ich in
diesem Jahr von einer Fülle an Blüten beschenkt.
Die Rose hätte sich
weiterhin im Beet angepasst – wobei sie sich dort niemals zu dem entwickelt
hätte, was an ihrem neuen Standort geschehen durfte….
und nun knüpfe ich die
Verbindung zu dem, was für uns Menschen das Thema „Anpassung“ bedeuten kann.
Anpassung ist stimmig in
vielen Bereichen, in denen sie geschieht. Immer dann, wenn ich irgendwo etwas Neues
beginne, kann es gut und hilfreich sein erstmal wahrzunehmen, zuzuschauen,
aufzunehmen, zu lernen und mich einzufügen – mich anzupassen, an das was ist,
um zu fühlen, wie es für mich passend bzw. stimmig ist. Sobald ich spüre, dass
ich den Boden unter den Füßen gefunden habe und in den für mich wichtigen
Bereichen Sicherheit finde, ist es not-wendig mein eigenes Wesen mit seinen
Belangen einzubringen.
Vorgänge anzupassen an die
Vorgehensweise, die für mich stimmig ist. Zu fühlen, was passt, fühlt sich gut
an und wogegen hege ich Widerstände. Dabei wiederum zu fühlen, welche dieser
zugrunde liegenden Themen kann ich verändern und welche sind so wie sie sind?
In vielen Bereichen des
Lebens fühlen wir uns zu einer scheinbaren Anpassung aufgefordert, bzw. fühlen uns
in dieser scheinbaren Anpassung gezwungen zu bleiben, auch wenn es sich für uns
selbst nicht gut anfühlt. Dies hat mit den Erfahrungen aus unserem bisherigen
Leben zu tun und damit wie wir im Laufe dieses Lebens unsere Strukturen
schufen, bzw. diese von unseren Eltern übernommen haben.
An diesen Punkten gilt es
genau hinzuschauen.
Niemand tut es gut, über
lange Zeit in Umständen und Anpassungen zu leben, die nicht seinem eigenen
inneren Wesen, seinem Lebenszweck entsprechen und dienen.
Niemand tut es gut, sich
anzupassen, dem Anderen zunutze zu sein und dabei sein eigenes Sein, seine
eigene Lebensenergie zu unterdrücken. Wie oft harren Menschen in Situationen
aus (oft über Jahre, sogar Jahrzehnte), halten die Luft an, schaffen sich
Freiräume um immer wieder mal aufzuatmen, um danach scheinbar gestärkt in die
Enge der Anpassung erneut einzutauchen.
Dieser Prozeß zermürbt,
macht uns krank und letztlich ist er imstande uns zu zerstören. Er ist es, der
uns von eigener Energie abschneidet und verhindert, dass wir den Zugang zu
unserem inneren Wesen behalten.
Je mehr wir in ein Leben eintauchen, das nicht
unserem Wesen entspricht, desto mehr entfernen wir uns von ihm. Lange Jahre nimmt unser inneres Wesen dies hin.
Immer wieder wird es versuchen, uns aufmerksam zu machen, uns Zeichen zu senden.
Irgendwann jedoch ist es so schwach, dass Krankheit den Raum einnimmt.
Auch bei uns Menschen
spricht man davon: „Einen alten Menschen nicht zu verpflanzen.“ Das ist
sicherlich in vielen Fällen stimmig und richtig.
Aber wie viele Menschen
verharren in Situationen, die ihnen nicht gut tun, passen sich an, nehmen in
Kauf, ihr eigenes Leben nicht zu leben, sich einzuschränken und in gewisser
Weise aufzugeben, aus Angst, in die Veränderung zu gehen. Letztlich immer
wieder die Angst, von den Anderen nicht mehr geliebt zu werden.
Es wäre oft sinnvoll,
dieser Mensch würde aufmerksam gemacht, darüber nachdenken, sich an einen neuen
Ort zu verpflanzen. Den alten zu verlassen, an welchem er von seiner Energie
abgeschnitten war und einen neuen finden, an welchem er sich mit seiner Energie
zu verbinden imstande fühlt.
Diese Veränderung könnte
Befreiung bedeuten, Entwicklung, Entfaltung und Lebendigkeit.
Das bedeutet nicht
(immer), sich gegen die momentanen Lebensumstände zu entscheiden und diese für
immer zu verlassen. Oft hilft es schon, der Mensch schafft eine Distanz und
findet Klarheit für sich selbst. Wie auch immer diese dann aussieht.
In der Praxis bin ich
wiederholt mit Situationen konfrontiert, die dieses Thema beinhalten.
Die Schlussfolgerung, die
daraus zu ziehen ist, lautet: Ich als Mensch habe die Aufgabe in diesem Leben,
aufmerksam für mich selbst zu sein, für meine innere Stimme, meine Gefühle,
meine Gedanken und meine Handlungen.
Viele Situationen der
Anpassung, in die ich mich gerne einfüge, spielen hierbei keine Rolle und sind
nicht angesprochen.
Befinde ich mich in
Situationen, in welchen ich wieder und wieder spüre und wahrnehme, dass es mir
nicht gut geht, ich mich nicht wohl fühle, Widerstände auftauchen, Wut und
Aggression eine Rolle spielen, bin ich angehalten, diese anzuschauen, zu
überdenken und möglichst zu verändern.
Spätestens dann ist es
wichtig und not-wendig, dass ich mich selbst frage, was und wie ich diese
Umstände verändern kann. Mir die Frage zu stellen, ob ich selbst es bin, der
etwas durch Verhaltensänderungen bewegen kann, ob die äußeren Umstände
verändert werden müssen, ob es not-wendig ist, mich aus Beziehungen zu lösen,
bzw. Gesprächsthemen in Konflikten zur Klärung aufzugreifen.
Unsere Gefühle, unser
Unwohlsein macht uns aufmerksam, will uns aufrufen, gut für uns zu sorgen, will
uns aufmerksam machen, dass etwas nicht in Ordnung ist.
Wir dürfen dankbar sein
über die Zeichen, die unsere Gefühle und unser Körper uns senden! Sie tauchen
nicht auf, um uns zu ärgern oder zu quälen! Sie tauchen auf, um uns wach zu
machen. Um uns aufzufordern, an der Stelle hinzuschauen und Bewegung in unser
Leben zu bringen.
An dieser Stelle möchte ich
Euch aufmerksam machen, genau hinzuspüren, zu fühlen, zu fragen: Was ist es,
was ich für mich und mein Leben möchte? Angefangen in ganz kleinen Situationen
des Lebens wie, was wünsche ich mir im Moment, damit es mir gut geht… und was
kann ich jetzt im Moment dafür tun, damit sich dies verwirklichen läßt.
Gut für sich zu sorgen und
nicht zu meinen, weil der Partner „Wurst
und Brot“ bevorzugt, dies auch essen zu müssen, wenn mein Frühstück eher aus
Obst und Müsli besteht. Das mag für manch einen lächerlich klingen… Gleichzeitig
hat es mit dem zu tun, was landauf, landab gelebt wird.
Anpassung geschieht oft
aus Bequemlichkeit. Bequemlichkeit, die nach einer Zeit einen hohen Preis
fordern kann, von dem Menschen, der sich dieser Anpassung unterwirft. Den
Preis, auf die Verbindung der Lebensverwirklichung, die dem eigenen Wesen
entsprechen würde zu verzichten.
Ich wünsche Euch von
Herzen, dass es Euch gelingt, wieder und wieder, Tag für Tag in Kontakt mit
Euch selbst, mit Eurem inneren Wesen, mit Euren Gefühlen für Euch selbst zu
gehen und gut zu Euch zu sein. Sorgt gut für Euch und versucht Euch in dem zu
leben, was Ihr seid und was Ihr in Euch selbst wahrnehmt. Denn in diesem
Kontakt findet sich das, was letztlich unseren Lebenszweck deutlich macht.
Es geht darum im Leben zufrieden zu sein.
Es geht darum, ein Leben in Freude zu leben.
Es geht darum, im Leben die Dinge zu tun, die ich
gern mache, denn darin liegt meine Kraft.
Es geht darum, in der Zufriedenheit Glücksmomente
als Geschenk zu erkennen und sie im Herzen zu bewahren.
Es geht darum, das Wesentliche für sich selbst im
Leben zu erkennen und dies zu leben.
Es geht darum, dies für mich entscheiden zu dürfen,
um Zufriedenheit finden zu können.
Es geht darum, zu begreifen, dass die größte Kraft
in der Liebe unseres Herzens liegt.
Es geht darum, zu verstehen, dass diese Kraft
niemals ins Fließen kommt, wenn ich mich in einer Anpassung befinde, die diesen
Fluss unterbindet.
Es geht darum, das Geschenk dieses Lebens
wahrzunehmen – Tag für Tag.
Wer auch immer meine Texte
liest – Ich bin in tiefer Dankbarkeit den Erfahrungen meines Lebens gegenüber,
die es mir ermöglichten zu diesen Gedanken und Erkenntnissen zu gelangen und
mit all den Tiefen, die zu überwinden waren zu fühlen, wie wertvoll jeder
einzelne dieser Mosaiksteinchen war und ist.
Om namah shivaya